Meine Hochschultätigkeit ist durchgehend von empirischen Forschungs- und Praxis-projekten zum Thema Kinderarmut und dann auch Resilienz begleitet gewesen:
Gestartet bin ich zusammen mit Jenenser Kollegen Karl-August Chassé mit einem dreijährigen Forschungsprojekt zur „Benachteiligung in den Lebenslagen von Kindern – Unter spezifischer Berücksichtigung der sozialen Situation in Thüringen“, durchgeführt Juli 1997 bis Dezember 2000. Dabei handelt es sich um eine qualitative Studie, für die 14 Kinder und ihre Familien in Jena und im Saale-Holzland-Kreis befragt und interviewt wurden. Untersucht worden sind die diversen Auswirkungen von Armut auf die Lebenslage der Kinder sowie ihre vielfältigen Bewältigungsmuster, wobei wir auch die Eltern in den Blick genommen haben. Auch wenn sich anhand dieser Bewältigungsstrategien eine Typologie entwickeln ließ, ist Fazit dieser Studie dennoch, dass Armut von Kindern und Erwachsenen ganz unterschiedlich erlebt und verarbeitet wird. Eine zusätzliche Differenzierung ergibt sich, wenn man das Geschlecht der Kinder berück-sichtigt. Gefördert wurde die Studie durch das Kultusministerium des Freistaats Thüringen.
Die Ergebnisse dieser Studie sind in der gemeinsamen Publikation: „Meine Familie ist arm. Wie Kinder im Grundschulalter Armut erleben und bewältigen“ nachzulesen (Chassè/ Zander/ Rasch, 2003).
In Münster schloss sich daran eine weitere dreijährige Studie an (1.1.2000- 31.12.2002), die sich mit Armutsbewältigung von Kindern im Grundschulalter in Münster und im Westmünsterland befasste. Sie erfolgte im Rahmen des Forschungsverbunds „Armut und Kindheit – Duale Armutsforschung“ in Kooperation mit Prof. Karin Holm (Fachhoch-schule Düsseldorf) und Prof. Dr. Christoph Butterwegge (Universität zu Köln, Abt. Politikwissenschaft) unter dem Titel „Soziale Bewältigungsstrategien von Kindern in benachteiligten Lebenslagen“. Sie wurde durch das nordrhein-westfälische Wissen-schaftsministerium gefördert.
Ziel dieses ebenfalls qualitativ angelegten Forschungsprojektes war es, aufbauend auf den methodischen Vorarbeiten, Erkenntnissen und Ergebnissen des Jenaer-Projektes, nun vergleichend für Westdeutschland die kindlichen Bewältigungsformen von Armut herauszuarbeiten. Es hat sich bestätigt, dass Kinder in einem Wohlfahrtsstaat mehr unter den psychosozialen Folgen von Armut leiden als unter deren materiellen Auswirkungen.
Die Ergebnisse dieses Projektes sind in der Publikation: Butterwegge/ Holm/ Zander u.a.: Armut und Kindheit. Ein regionaler, nationaler und internationaler Vergleich, Opladen 2003 (1. Aufl.) und Wiesbaden 2004 (2. Aufl.) veröffentlicht.
Zeitgleich übernahm ich die wissenschaftliche Begleitung des Münsteraner Kinder-armutsberichts „Lebenslagen und Perspektiven unterversorgter Kinder und Jugendlicher in Münster“ (2001/2002). Der Bericht wurde in Kooperation der Stadtverwaltung Münster (verantwortlich: Frank Treutler) mit der AG der freien Wohlfahrtspflege erstellt. Ausgehend von vier unterschiedlichen Stadtteilen Münsters wurden die Lebenslagen von Kindern im Vorschul- und Grundschulalter sowie von Jugendlichen untersucht und beschrieben. Der Bericht verbindet qualitativ erhobene Ergebnisse (Interviews) mit einer statistischen Analyse, welche die quantitative Dimension von Kinderarmut in Münster verdeutlicht. Münster war damit eine der wenigen Städte, die seinerzeit einen kommu-nalen Kinderarmutsbericht vorgelegt haben.
Im Dezember 2003 habe ich zusammen mit Dr. Berthold Dietz (inzwischen Professor an der Fachhochschule Freiburg) die Expertise „Kommunale Familienpolitik“ für die Enquetekommission „Zukunft der Städte in NRW“ des Landtages Nordrhein-Westfalen vorgelegt. Sie beschäftigt vorrangig mit den Folgen des demografischen Wandels für die Familienstrukturen und die Bevölkerungsentwicklung in den verschiedenen Kommunen und Regionen des Bundeslandes.
Für mehr als drei Jahre – von 2003 bis 2006 – wurde ich anschließend mit der wissen-schaftlichen Begleitung zweier „Modellprojekte zur Bekämpfung der Auswirkungen von Kinderarmut“ in zwei Saarbrücker Stadtteilen (Malstatt und Altsaarbrücken) beauftragt, diesmal in Kooperation mit dem Institut für Sozialforschung, Praxisberatung und Organisationsentwicklung (iSPO) und den Trägern der Projekte, dem Diakonischen Werk an der Saar und dem Stadtteilbüro Alt-Saarbrücken (Parität). Gefördert wurde dieses Vorhaben vom Saarländischen Ministerium für Inneres, Frauen und Sport. ) Beide Projekte verfolgten das Ziel, mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung (Mittagstisch, Hausaufgabenhilfe, Elterntraining, Kinderstreetwork, Vernetzungsarbeit) und für unterschiedliche Altersgruppen (Grundschulkinder und sog. Lückekinder) die Auswir-kungen von Armut in benachteiligten Stadtteilen zu bekämpfen.
Veröffentlicht sind die Ergebnisse unter Göpfert-Divivier, Werner/ Zander, Margherita: „Abschlussbericht der beiden Modellprojekte zur Bekämpfung der Auswirkung von Kinderarmut“, Saarbrücken 2006 (iSPO).
Für die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS Berlin) habe ich 2008 die wissen-schaftliche Begleitung und Evaluation der „Lichtpunkte-Projekte“ übernommen, bei denen es sich um 22 republikweit verteilte Praxisprojekte für benachteiligte Kinder und Jugendliche handelt. Gefördert wurde dieses Projekt von debitel.
Diesmal ging es explizit um die praktische Umsetzung von Resilienzförderung, wobei die Projekte ganz unterschiedliche Wege zum Ziel verfolgten. Die Spanne reichte dabei von einem „Kinderrestaurant“ (Großenhain/Sachsen) und Kochkurse für Jugendliche über das Mädchenfußballprojekt Tenever-Liga (Bremen), ein Musikprojekt in Berlin, die „Lese-libelle“ in Hamburg und die „Buchkinder“ (Leipzig) bis hin zu Theaterprojekten (Art Space Heidelberg) und dem Schüler Poetry Slam Bremen. Der Titel „Darf es etwas Meer sein“ (Homburg/Saarland; Schwimmen und Kochen) könnte programmatisch für die ganze Reihe stehen. Der Endbericht wurde im Dezember 2008 zusammen mit meinen Mitarbeiterinnen Dr. Bettina Kruth und Nicole Alfert unter dem Titel „Resilienzförderung – viele Wege führen zum Ziel“ abgeschlossen.
Einen Kurzbericht können Sie hier downloaden.
Mein derzeit laufendes Projekt betrifft "Resilienzförderung bei Roma- Flüchtlingskindern" aus dem Balkan (siehe auch Kasten oben rechts), die in Köln eine vom Rom e.V. für diese Zielgruppe initiierte Schule besuchen. Wir (Dr. Bettina Kruth und ich) haben dort zusammen mit dem Team der Nachmittagsbetreuung von Amaro Kher ein spezielles Resilienzförderkonzept entwickelt, dessen Resultate in der wissenschaftlichen Begleitung dokumentiert und analysiert werden. Auch dieses Projekt hat eine dreijährige Laufzeit und wird von „Aktion Mensch“ gesponsert. Hier kommt der Gedanke der Resilienzförderung einer Zielgruppe zugute, die ohne Zweifel der von Emmy Werner eingeführten Kategorie der „Hoch-Risiko-Kinder“ entspricht.